Pressemeldungen zum Jugendorchester

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"Jugend bringt Jugend mit"

Neue RHEINPFALZ-Serie: Traditionelle Musikvereine und die Nachwuchsförderung - Heute: Musikverein Rodenbach

Eine sinnvolle Freizeitgestaltung der Jugend zwischen Computerspiel, Schulhausaufgaben und "Abhängen" auf der Straße ist heute mehr denn je in der Diskussion. Was können dabei traditionelle Musikvereine leisten? In einer neuen Serie will sich die RHEINPFALZ der Jugendarbeit eben jener Vereine widmen. Im Dialog mit Vorsitzenden, Dirigenten oder Jugendleitern sollen Schwerpunkte, Ziele, Chancen und Perspektiven der Nachwuchsarbeit aufgezeigt werden. Den Serienstart markiert die Auseinandersetzung mit dem Musikverein Rodenbach und dessen Jugenddirigent Alfred Scherer sowie den beiden Jugendleitern Eva Schneider und Peter Neri.

Da, wo erfolgreiche Jugendarbeit geleistet wird, basiert diese entweder auf schlüssigen, stimmigen und musikpädagogischen Konzeptionen, oder es sind charismatische Persönlichkeiten "im Spiel", die zündende Ideen umsetzen und selbst Vorbildfunktion ausüben.

Im Fall des Musikvereins Rodenbach trifft beides zu: Einerseits hatte man schon in den 60er Jahren mit dem damaligen Ausbildungsleiter Karl Moser (bis in die 70er wirkend) einen sehr engagierten Musiker, der selbst ausbildete und dabei schon damals - wie heute die Musikschulen im zarten Kindesalter mit Blockflöte und Melodica begann.

Die Basis des Erfolgs

Seine beiden Kinder, Ute und Achim, unterstützten ihn beim Aufbau von Ensembles und dem erfolgreichen Jugendorchester. Dieses bildet noch heute den Stamm des Konzert-Blasorchesters. Die Kombination aus musikalischer Grundausbildung, Einzel- und Gruppenunterricht in den Orchesterinstrumenten (bei Dirigent Manfred Galle oder Richard Baumbach, einem ehemaligen Militärmusiker) und das Weiterleiten in Jugendorchester und Blasorchester schuf die Basis für eine damals sehr erfolgreiche Jugendarbeit.

Nach Karl Moser gab es zunächst einige Interimslösungen, und erst seit etwa 1980 ist mit Alfred Scherer eine vergleichbare Persönlichkeit mit Können, positiver Ausstrahlung und Enthusiasmus gefunden worden, die seitdem das Jugendorchester aufgebaut hat. Und wieder gibt es, wie seinerzeit, parallel zum Orchesterspiel Blockflöten-Spielkurse bei der Grundschullehrerin Anneliese Urschel, die mit Achtjährigen beginnt und diesen etwa zwei bis drei Jahre lang spielerische Grundkenntisse vermittelt, bis ein Orchesterinstrument gelernt wird.

Pro Jahrgang sind etwa 15 Blockflötenschüler in Ausbildung, davon lernen - nach vereinsinterner Statistik oft nur drei weiter. Und von diesen Dreien hält durchschnittlich nur eine(r) durch und wirkt später beim Jugend- und Konzertblasorchester mit. Das ist die ernüchternde Bilanz, die aber in Rodenbach keinesfalls entmutigt. Denn man hat - im Bewusstsein, dass ein ständiger Kreislauf von An- und Abmeldungen bewältigt werden muss - lukrative Patentrezepte vorgelegt: Der Verein stellt Leihinstrumente günstig zur Verfügung, vereinsinterne Kräfte unterrichten Klarinette, Saxophon, Trompete und Horn zu günstigen Konditionen, ohne übliches Durchzahlen in den Ferien. Dies bei gezieltem Einzelunterricht statt Gruppenunterricht. Dadurch strebt der Musikverein Rodenbach auch keine Zusammenarbeit mit der Kreismusikschule an, sondern geht pädagogisch eigene Wege. 40 Spieler im Jugendorchester (1998 nur 18) belegen mehr als alle Worte den steigenden Erfolg dieser Konzeption.

Die Verantwortlichen leisten engagierte Öffentlichkeitsarbeit, indem sie Flyer in Grundschulen verteilen, mit dem Jugendorchester Schulfeste umrahmen, Jugendkonzerte organisieren und dies auch chronistisch dokumentieren, so dass sich Interessenten aus vielen Orten der Verbandsgemeinde melden. Weitere Garanten für den personellen und künstlerisch-pädagogischen Aufschwung waren einmal die stilistische Offenheit und Vielseitigkeit des Dirigenten Alfred Scherer und die zahlreichen gemeinsamen Freizeitangebote der Jugendausbildung: Orchesterfreizeiten und Tagesausflüge zu Musicalaufführungen seien stellvertretend genannt.

Nicht nur soziale Beweggründe

Durch die Vereinsarbeit bildeten sich aber auch Gruppen, die zusammen ihre Freizeit gestalten, so die Jugendleiterin Eva Schneider im Gespräch. "Jugend bringe auch Jugend mit", so Schneiders Erfahrung. Jugendarbeit wird in Rodenbach nicht primar aus sozialen Beweggründen geleistet, sondern dient pragmatisch als Quelle für das Konzert-Blasorchester. Umkehrschluss: Fast alle Musiker des Konzert-Blasorchesters stammen aus der vereinseigenen Jugendarbeit.

Genau da liegt derzeit das einzige Problem der Jugendarbeit: Das Jugendorchester ist vielleicht zu attraktiv, ist ohne Aushilfen ein leistungsstarker, eigenständiger Klangkörper, dazu mit eigenem Etat des Vereins ausgestattet - nicht jede(r) will ins Konzert-Blasorchester wechseln, in dem auch andere Literatur (mehr konzertant und klassisch) verlangt wird, zumal dieses auch höherem Termindruck unterliegt.

Die Überwindung eines natürlichen Spannungsverhältnisses zwischen den beiden Klangkörpern wird die Herausforderung für die Zukunft sein.

Von unserem Mitarbeiter Reiner Henn

DIE RHEINPFALZ, Mittwoch, 18. Jan 2006

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